Brasília: Das gekaufte Parlament

Brasília: Das gekaufte Parlament

Es war erneut ein unwürdiges Spektakel, das die brasilianischen Parlamentsabgeordneten boten. Es wurde geschrien und gerangelt, Glaubensbekenntnisse wurden abgegeben und mit falschen Geldnoten um sich geworfen.

Foto: W. Dias, Abr – Agência Brasil (cropped), CC BY 3.0 br>

Ein Abgeordneter versuchte einem anderen eine aufblasbare Puppe zu entwenden und als ihm dies nicht gelang, biss her hinein.

Am Ende, nach einer mehr als zwölfstündigen Sitzung, beschlossen die Parlamentarier, dass Brasiliens Präsident Michel Temer nicht vom obersten Gerichtshof wegen Korruption untersucht werden soll. 263 Abgeordnete votierten für die Archivierung des Falls, 227 stimmten für eine Untersuchung gegen .

Es war das zweite Mal innerhalb nur eines Jahres, dass die Parlamentarier in Brasília über die Zukunft des Staatsoberhaupts zu entscheiden hatte. 2016 hatte sich eine Mehrheit von ihnen für eine Untersuchung gegen Präsidentin Dilma Rousseff wegen Haushaltstricks ausgesprochen, durch sie angeblich ihren Amtseid verletzte habe. Rousseff wurde schließlich nach einem umstrittenen und schmerzhaften Impeachmentprozess aus dem Amt entfernt. Doch bis heute wurde ihr kein persönliches Vergehen nachgewiesen.

Nutznießer und Strippenzieher im Hintergrund war damals Vizepräsident Temer, der ihr Amt übernahm. Er machte sich sofort daran, eine konservative Agenda im Sinne der Arbeitgeberverbände und der alten Großgrundbesitzer-Eliten durchzusetzen.

Dann wurden vor einigen Wochen Ton- und Filmaufnahmen öffentlich, die beweisen sollten, dass Temer in korrupte Machenschaften verstrickt ist. Unter anderem wurde ein Vertrauensmann des Präsidenten gefilmt, wie er einen Koffer mit umgerechnet 140000 erhält, die vom größten Fleischkonzern der Welt, JBS, stammten.

Die Beweise gegen Temer scheinen also eindeutig zu sein. So eindeutig, dass sich 81 Prozent der Brasilianer in Umfragen für eine Untersuchung gegen aussprechen. Temers Zustimmungsrate liegt bei nur noch fünf Prozent.

Aber die Abgeordneten wollten sich der Bevölkerungsmehrheit nicht anschließen. Es scheint klar zu sein, warum. Seit Wochen bearbeiten Temer und seine Gefolgsleute die Abgeordneten, bieten Posten an und machen Geld aus dem Staatshaushalt für deren Wahlkreise locker. So flossen in den letzten Tagen umgerechnet eine Milliarde Euro an Abgeordnete, die gelobten, für den Präsidenten zu stimmen.

Temer sagte nach dem Votum, dass der Rechtsstaat gesiegt habe und er mit seiner notwendigen Reformagenda fortfahren wolle. Die Börsen reagierten positiv.

Zwar hat Brasiliens Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot schon die nächste Klage gegen Temer vorbereitet, diesmal wegen der Bildung einer kriminellen Organisation; aber nach dem Sieg Temers vom Mittwoch ist zu erwarten, dass er bis zu den Wahlen Ende 2018 Präsident des größten und wichtigsten Landes Lateinamerikas bleibt.

Ein Beobachter kommentierte den Ausgang der Wahl mit den Worten: Besäße Dilma Rousseff auch nur die Hälfte des Machtwillens und der moralischen Verkommenheit Temers, dann wäre sie heute noch im Amt.